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Spulen sind in der Elektrotechnik einerseits Wicklungen und Wickelgüter, die geeignet sind, ein Magnetfeld zu erzeugen oder zu detektieren. Sie sind dabei Teil eines elektrischen Bauelementes oder Gerätes, wie beispielsweise eines Transformators, Relais, Elektromotors oder Lautsprechers.
Andererseits sind separate Spulen induktive passive Bauelemente, deren wesentliche Eigenschaft eine definierte Induktivität ist. Sie werden überwiegend im Bereich der Signalverarbeitung für frequenzbestimmende Kreise, z. B. in LC-Schwingkreisen, Tiefpässen, Hochpässen, Bandpässen, zur Signalphasengangkorrektur, zur Störungsunterdrückung, zur Stromflussglättung oder als Energiespeicher in Schaltnetzteilen sowie vielen weiteren elektrischen und elektronischen Geräten eingesetzt. Siehe auch Drossel (Elektrotechnik).
Die Einsatzhäufigkeit der Spulen ist allerdings wesentlich geringer als die von Widerständen und Kondensatoren, da diese vielfach billiger und einfacher herstellbar sind und auch günstiger in elektronischen Halbleiterschaltkreisen integrierbar sind. Beim elektronischen Schaltungsentwurf wird daher häufig – wenn irgend möglich – die Nutzung von Spulen vermieden, wenn diese mit Kondensatoren, Widerständen und aktiven Bauelementen (Transistoren) nachgebildet werden können, beispielsweise mittels einer Gyrator-Schaltung.
Die meisten Spulen bestehen aus mindestens einer Wicklung eines Stromleiters aus Draht, Kupferlackdraht, versilbertem Kupferdraht oder Hochfrequenzlitze, der meist auf einem Spulenkörper (Spulenträger) gewickelt ist sowie überwiegend mit einem weichmagnetischen Kern versehen ist. Die Windungsanordnung und -form, der Drahtdurchmesser, das Wickel- und das Kernmaterial legen den Wert der Induktivität und weitere (Güte-)Eigenschaften der Spule fest.
Darüber hinaus sind auch spiralförmig angelegte Leiterbahnen auf Leiterplatten, die gegebenenfalls mit umschließenden Ferritkernen umgeben sind, „Spulen“ im Sinne eines induktiven passiven Bauelementes. Die Windungen einer Spule müssen immer gegeneinander sowie gegen den häufig elektrisch leitenden Spulenkern isoliert sein, um einen Windungsschluss zu verhindern, der die Funktion der Spule wesentlich beeinträchtigen würde. Bei Spulen und Transformatoren mit mehreren Windungslagen bzw. Wicklungen aus Kupferlackdraht sind außerdem bei Spannungsdifferenzen ab etwa 50 Volt oft die einzelnen Windungslagen bzw. Wicklungen z. B. durch Lackpapier gegen Spannungsdurchschlag zusätzlich isoliert.
Eine klassische Spule ist ein um einen festen Körper (Spulenkörper) gewickelter Draht. Dieser Körper muss nicht zwingend vorhanden sein. Fehlt der Wickelkörper oder ist er aus nichtmagnetischem Material, spricht man im mechanischen bzw. elektrischen Sinne von Luftspulen. Der Spulenkörper dient hier meist nur der mechanischen Stabilisation des Drahtes und hat im Gegensatz zum Spulenkern keinen magnetischen Einfluss.
Spulen gibt es auch in flacher Spiralform und mit rechteckigem oder beliebig anders geformtem Spulenquerschnitt. Sie können als spiralförmige Leiterbahn auch direkt auf einer Leiterplatte realisiert sein.
Spulen besitzen eine bestimmte Induktivität, diese Induktivität kann ihr eigentlicher Zweck (z. B. Drosselspulen, Filterspulen) oder nur sekundäre Eigenschaft sein (z. B. Transformatoren, Zugmagnete, Relaisspulen).
Bei Elektromotoren werden die Spulen als Wicklung und z. B. bei der Pupinspule als Bespulte Leitung bezeichnet.
Neben dem aufgewickelten Draht und dem Spulenkörper weist die Spule im Inneren oft einen (Spulen-)Kern (s. u.) auf, um die Induktivität zu erhöhen.
Das Wort Spule weist auf die Bauform hin (siehe Spule (Rolle)).
Die Induktivität einer Spule wird in der Einheit Henry gemessen (siehe Henry (Einheit)).
Die Haupteigenschaft von Spulen ist deren Induktivität. Die Induktivität ergibt sich aus der Anzahl Windungen der Spule sowie aus dem von der Spule eingeschlossenem Material und den Abmessungen. Durch die magnetische Verkettung (Flussverkettung) der einzelnen Windungen untereinander, bedingt durch die räumlich nahe Anordnung der einzelnen Windungen, steigt die Induktivität von gewickelten Spulen theoretisch im Quadrat mit der Windungsanzahl. Eine Verdoppelung der Windungszahl bei gleichen geometrischen Abmessungen bewirkt somit eine Vervierfachung der Induktivität.[1]
Wird der Spulendraht von einem sich zeitlich ändernden Strom durchflossen, so entsteht um den elektrischen Leiter ein sich zeitlich ändernder magnetischer Fluss. Jede Änderung des Stromes erzeugt an den Enden des elektrischen Leiters eine Selbstinduktionsspannung. Diese Spannung ist dabei so gerichtet, dass sie ihrer Ursache (dem Strom) entgegen wirkt (Lenzsche Regel). Eine Zunahme der Änderungsrate des Stromes führt zur Erhöhung der Spannung, die dem Strom entgegen wirkt. Der Proportionalitätsfaktor zwischen sich zeitlich änderndem Strom durch den Leiter und der dabei entstehenden Selbstinduktionsspannung wird als Induktivität bezeichnet.
Reale Spulen besitzen neben der eigentlichen gewünschten Induktivität auch noch andere, im Regelfall unerwünschte elektrische Eigenschaften wie einen elektrischen Widerstand, parasitäre Kapazitäten und damit mindestens eine elektrische Resonanzstelle (Parallelschwingkreis) oder bei einem die Induktivität erhöhenden Spulenkern eine störende Remanenz sowie Wirbelstromverluste. Alle diese Parameter sind temperatur- und arbeitsfrequenzabhängig. Ihr Einsatz ist daher auch nur bis zu einer bauelementetypischen maximalen Grenzfrequenz sinnvoll, wo noch ein ausreichender induktiver Blindwiderstand bzw. Phasenwinkel in der entsprechenden Einsatzschaltung wirkt.
Soll ein hochwertiger Widerstand, bestehend aus einem langen aufgewickelten (Widerstands-)Draht, dagegen eine besonders geringe Induktivität haben, muss der mechanische Widerstandsdrahtträger, z. B. ein Porzellanrohr mit Kontaktschellen, bifilar mit einem gegenläufigen Draht bewickelt werden. So heben sich die entgegengesetzt gerichteten magnetischen Flüsse nahezu auf. Dieses Verfahren wird beispielsweise für Drahtlastwiderstände für den hohen Niederfrequenzbereich bis etwa 100 kHz angewendet.